02 August 2010

Kartierung Fimbertal, Geologische Karte

Finale, geologische Karte vom Fimbertal. Ein "moon-like" Gebiet mit Panorama. Geologisch gesehen, ein Stapel aus allochthonen Falten und Decken aus marinen Sedimenten und Kristallin.
Historische Zeitzeugen vor der Zahnspitze.

Kartierung Fimbertal, Tektonik

Die Gesteine des Untersuchungsgebiets im Engadiner Fenster sind ausschließlich unmetamorphe Sedimentserien der Unteren Kreide bis Eozän. Auf den beiden Profilen A – A´ (Krone - Piz Davo Dieu) und B – B´ (Bischofsspitze - Breite Krone - Piz Laver) erkennt man zunächst eine Hauptfaltungsphase. In W-E Ansicht bildet die Falte ein synklinales „z“ mit der Breiten Krone als Top. Der mittlere Schenkel ist teilweise überkippt. Im Gelände (Piz Davo Lais) wurde eine zweite Faltungsphase mit einer vielfachen Kleinfältelung erkannt. Aufgrund der kurzen Kartierzeit war es leider nicht möglich, diese Deformationsphase genauer in unserem Kartiergebiet zu betrachten. Im ersten Profil tauchen die Schichten evtl. etwas zu steil nach Westen ab, da die gemessenen Flyschserien nahe der Silvrettaüberschiebung von der dortigen Tektonik beeinflusst wurden.
Die Faltenachse der Großfalte fällt mit etwa 30° gen N ein. Da schon in unserem nördlichen Profil die Gault–Formation nur im Osten aufgeschlossen ist, ist es nicht verwunderlich, dass die nördlicher arbeitenden Gruppen ausschließlich die jüngste, sedimentäre Einheit, den Tasnaflysch, aufgeschlossen vorfanden.
Nördliches Profil A-A'.
Südliches Profil B-B'.
Projektion der Schichteinfallmessungen im Schmidt’schen Netz. Die Faltenachse der Großfalte im Gebiet 8 hat ein Einfallen mit ca. 30° gen N.

Kartierung Fimbertal, Lithologie 2

4 Couches-Rouges
Die Einheiten der Couches–Rouges-Serie werden ins Turonien bis Maestrichtien datiert  Sie bestehen aus mikritischen, hellgrauen, leicht mergeligen Kalken. Die Verwitterungsfarbe ist hellgrau bis weiß. Das weiße Couches–Rouges Band brachte dem Piz Faschalba seinen Namen. Dies ist auch die einzig belegte, anstehende Stelle des Kartiergebiets. Sonst treten die Couches–Rouges Einheiten nur als Linsen im Tasnaflysch auf. Das nicht Vorhandensein der Schichten deckt sich mit der Beobachtung von Hecker, der 1999 ein weiter südlich gelegenes Gebiet kartiert hat. Er fand nur wenige Meter mächtige Ausbildungen der Couches–Rouges, welche nach Norden hin dünner werden.

5 Tasnaflysch
Der Tasnaflysch bildet die oberste sedimentäre Einheit. Er beinhaltet eine Wechselfolge von dominierenden, schwarz bis braunen, leicht kalkigen Tonschiefern und wenige Zentimeter mächtigen, sandigen Karbonaten. Die Zeit der Sedimentation wird auf Paläozän bis unteres Eozän datiert. Sehr typisch sind große, aus älteren Schichten bestehende Fremdgesteinslinsen oder Olistolithe, welche den Kontinentalhang herunterrutschten.
Man findet unter anderem rote Crinoiden-/ Spatkalke (Lias), äußerlich braune, innen hellgraue Dolomite (Trias), Gipslinsen (Trias), violett-grüne Basalte, welche von Rotkalkbänken und lila Tuffschiefern durchzogen sind. Außerdem sind Linsen von den oben genannten, älteren Formationen enthalten.
Die Flyschserien können bis 300 m mächtig werden.

6 Quartär
Große Teile unseres Arbeitsgebietes sind bzw. waren bis vor einigen Jahren von Gletschern bedeckt (W  Bereich der Krone, N Bereich der Breite Krone). Alte Moränenkämme sind daher noch gut sichtbar. Der Mittelteil des Kartiergebietes besteht bis auf einige große, im Flysch steckende Linsen, aus Hang- und Blockschutt. Blockschutt findet man in Regionen einer steilen Abbruchwand, wie zum Beispiel südlich der Breiten Krone (Gault–Sandstein Blöcke) oder östlich der Krone (Amphibolit-, Gneisblöcke). Der Hangschutt, welcher von den östlichen und westlichen Hängen geschüttet und vom Gletscher aufgearbeitet worden ist, besteht größtenteils aus den dort anstehenden Lithologien. Lokal findet man in Olistolithnähe Anhäufungen des dortigen Gesteins. Hauptsächlich findet man Schutt mit Tasnaflysch- und Gaultsandsteinkomponenten.

Literatur
Hecker, C., 1999. Alpine Tektonik und Metamorphose im Gebiet um den Piz Tasna. Diplomarbeit, Uni Basel.

Kartierung Fimbertal, Lithologie 1

Folgende lithologischen Einheiten existieren im Kartiergebiete. Die Sortierung erfolgt von alt nach jung.

1 Silvrettakristallin
Oberhalb der im westlichen Fimbertal verlaufenden Silvretta-Überschiebung findet man oberostalpines Kristallin vor. Die ersten Meter oberhalb der Überschiebung bestehen aus stark mylonitisierten, grünen Gneisen. Durch die extreme Deformation sind die ursprünglich grobkörnigen, hellen Gneise feinkörnig und zerschert. Oberhalb stehen, wie im Gebiet der Krone sehr gut sichtbar, mehrere hundert Meter felsischer Gneis an. Mafische Amphibolite sind für das Silvrettakristallin ebenfalls typisch, jedoch findet man in unserem Kartiergebiet nur durch Gletscher verschobene Blöcke vor. Die kristallinen Gesteine erkennt man aus der Ferne vor allem an den schroffen und steilen Felswänden.
Grenze zwischen Tasnaflysch und aufliegender Silvrettadecke an der Ostflanke der Krone. Wenige Meter mächtig beginnt die Silvrettadecke mit einem grünen Basismylonit, der dann in felsische Gneise übergeht.
2 Tristelschichten
Die Sedimente der Tristel-Schichten stammen aus dem Obersten Barrémien bis Untersten Aptien. In unserem Kartiergebiet nehmen die Tristel-Schichten die unterste sedimentäre Einheit ein. Die ersten Basisbreccien, welche nach Heckers (1999) Beschreibungen den Kontakt zu den darunter liegenden Neokom-Schiefern bilden, sind bei uns nicht zu finden. Durch Verfaltung (z.B. Piz Davo Lais) ist es schwer die Mächtigkeit zu bestimmen. Die Ablagerungen dürften aber maximal 100 m mächtig werden.
Die Sedimente der Tristel-Schichten weisen eine Wechsellagerung von sandigen Kalkturbiditen und dünnen Pelitlagen auf. Man erkennt die Karbonate typischer Weise an ihrer bräunlichen Verwitterungsfarbe. Ein weiteres charakteristisches Merkmal ist das häufige Auftreten von dünnen Quarz-Kalzit Adern innerhalb der Kalke. Im frischen Anschlag erscheinen die Kalke dunkelgrau bis dunkelblau. Dünnen kalkfreie, fast schwarzen Tonlagen sind nur sehr geringmächtig. Das marine Ablagerungsmilieu wird in CCD-Nähe vermutet.

3 Gault-Formation
Die bis zu 300 m mächtigen Sedimentserien der Gault–Formation stammen aus dem Apt bis Unteren Cenomanien. Man findet Wechsellagerungen von bis drei Meter mächtigen Sandsteinbänken und sehr feinen, schwarzen bis dunkelblauen Tonschiefern vor. Im Anschlag weisen die Sandsteine eine graue Farbe auf. Helle Quarzkörner befinden sich in einer dunklen, karbonatischen Matrix, welche die frischen Stellen dunkel erscheinen lassen. Durch hohe Anteile von oxidiertem Pyrit ist die Verwitterungsfarbe der Sandsteine ocker, braun bis orange, somit sind die mächtigen Bänke schon aus der Ferne gut erkennbar. Des Weiteren ist innerhalb der Sandsteinbänke eine Gradierung (z.T. fining up) sichtbar, welche auf eine turbiditische Ablagerung schließen lässt. Oft findet man auch innerhalb der Turbiditserien Breccien von grobkörnigen debris flows, welche Blöcke der noch nicht verfestigten Tristel-Schichten aufgearbeitet haben. Außerdem sind die Sandsteinbänke von zentimetermächtigen Kalzit- und Quarzadern durchzogen.
Am Übergang der Tristel–Schichten zur Gault–Formation befindet sich ein mehrere Meter mächtiger, grünlicher Basisquarzit. Die Begrenzung zur jüngeren Couches Rouges Einheit beginnt mit einem Einsetzen von hellen, mikritischen Kalksteinen.
Auffällig ist, dass der Gault Sandstein in unserem Kartiergebiet fast alle Gipfel aufbaut (z.B. Piz Laver, Piz Faschalba, Breite Krone, Piz Davo Dieu).
Meter mächtige Sandsteinbänke der Gault Formation mit der typischern, ocker-orangenen Verwitterungsfarbe an der nördlichen Flanke der Breiten Krone. Dunklere Partien sind Tonschiefer.

Kartierung Fimbertal, Geologischer Überblick

Das Kartiergebiet liegt im Südwesten des Engadiner Fensters. Dieses SW-NE streichende, tektonische Fenster hat eine Ausdehnung von 55 km Länge und 17 km Breite. Die südöstliche Begrenzung des Fensters bildet die Engadiner Linie.
Im Tertiär führte nördlich der Periadriatischen Naht die anhaltende Einengung des Alpenorogens mit dem Südalpin als Indenter zu seitlicher Extrusion. Das führte zur West-Ost-Dehnung der Alpen. Gleichzeitig bildeten sich metamorphe Dome wie das Engadiner Fenster. Durch die Ausgleichsbewegung (E-W-Dehnung) wurde die ostalpine Oberplatte aufgerissen. Durch Aufwölbung und anschließende Erosion treten heute im Engadiner Fenster die tiefer liegenden penninischen Einheiten zutage, die von ostalpinen Einheiten umrahmt werden.
Das Engadiner Fenster wird vom Ostalpin im Nordwesten von der Silvretta-Decke, im Osten von der Ötztal-Decke und im Süden von der Scarl-Decke begrenzt. Das Fensterinnere wird von den Bündnerschiefern des Walliser-Trogs gebildet, die lokal Ophiolithe enthalten. Am SW-Rand sind über den Bündnerschiefern die Tasna-Decke (Brianconnais-Schwelle), ein etwa hundert Meter breiter Streifen Arosa-Zone (Piemont-Ligurischer Trog) und die Silvretta-Decke (Oberostalpin) aufgeschlossen.

Geologische Übersichtskarte des Engadiner Fensters (Zimmermann 1999).
Literatur
Zimmermann, B., 1999. Tektonometamorphe Entwicklung von Tasnadecke und Bündnerschiefern zwischen Val Chöglias, Val Fenga und Val Laver. Diplomarbeit, Uni Basel, Schweiz.